Liebe Freunde,
Hier im Kloster Dhammapala haben wir ein ereignisreiches Frühjahr hinter uns. Die Vesakh-Feier war einmal mehr ein gut besuchtes, freudiges Ereignis, auch dank der Hilfe von Ajahn Kongrit, dem Abt von Lokuttara Vihara, unserem Kloster in Norwegen, der, wie schon so oft, den Vortrag für unseren vielen thailändischen Freunde hielt. Anagarika Robert wurde zu Samanera Nikkāmo und ist jetzt für einige Monate in unserem Kloster nahe Lissabon. Ajahn Khemasiri und Ajahn Viranando leiteten mehrere auswärtige Kurse und Veranstaltungen unter anderem in Italien und Deutschland. Zu unseren Einführungswochenenden konnten wir viele neue Gäste im Kloster begrüssen. Diese sind weiterhin fast immer ausgebucht. Sie werden dieses Jahr vor allem von Ajahn Viranando angeleitet, wobei auch die anderen Gemeinschaftsmitglieder einzelne Abschnitte übernehmen. Auch ausserhalb dieser Wochenende hatten wir wieder viele Besucher, darunter, wie angekündigt, auch viele Mönche aus unseren anderen Klöstern. Zuletzt waren Ajahns Anando und Caganando aus dem Jetavana Kloster in Temple, New Hampshire, und Tan Sihanado aus Chithurst in England bei uns.
Nun sind wir wieder im Sommer angekommen. Wie viele von Euch wissen, ist dies die Zeit der traditionellen Regenzeitklausur, die der Buddha noch zu seinen Lebzeiten eingeführt hat, um die bestellten Felder in der empfindlichen Periode des Monsuns vor möglichem Schaden durch seine wandernden Nonnen und Mönche zu schützen. Traditionell wurde diese Regenzeitklausur in unseren asiatischen Klöstern zu einer Einkehrzeit in der die Klostergemeinschaften sich verstärkt in ihre formelle Praxis und das Studium der Lehren und Klosterregeln vertiefen.
Für uns in Europa ist der Sommer eine geschäftige Zeit, mit vielen Gästen und Lehrtätigkeit, während unsere Einkehrzeit im Winter stattfindet. Trotzdem halten auch wir die formellen Regeln der Regenzeitklausur ein, die besagen, dass wir das Kloster für nicht länger als sechs Nächte und nur zu bestimmten Anlässen verlassen dürfen. Immerhin spielt dieses Jahr das Wetter bei der Konvention Regenzeitklausur ganz leidlich mit!
Leider sind wir dieses Jahr nicht, wie geplant, fünf Mönche, sondern nur vier, da sich die Beantragung des Visas für Ajahn Mo aus Thailand unerwarteterweise verkomplizierte und den Behörden am Ende nicht genug Zeit zur Bearbeitung unseres Antrags blieb. Wenigstens haben wir dazugelernt, was die Schweizer Immigration inzwischen für einen längeren Besuch von Mönchen von ausserhalb der EU verlangt, so dass Ajahn Mo vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt kommen kann.
Während Tan Manuñño über den Sommer seine vielen Talente in Amaravati einbringt und Samanera Nikkāmo in unserem Kloster Sumedharama in der Nähe von Lissabon mit seiner freundlichen und hilfreichen Präsenz ebenfalls sehr geschätzt ist, haben wir bis zum Herbst Samanera Jayamangalo aus Italien bei uns. Es ist sein erster Besuch bei uns in der Schweiz, und die Freude an den Bergen, Wäldern, Seen und Flüsschen steht ihm ins Gesicht geschrieben. Samanera Jayamangalo hat sich gleich nahtlos in unsere Gemeinschaft eingefügt und all der Verantwortlichkeiten von Samanera Nikkamo angenommen. Darüber hinaus bringt er auch seine beträchtlichen Fähigkeiten als Handwerker ein. Tan Manuñño und Samanera Nikkāmo werden vor Jahresende nach Dhammapala zurückkehren.
Kurz gesagt, die Gemeinschaft in unserem Kloster funktioniert auch in diesem Sommer mit viel Harmonie und Freude in der (relativen) Geschäftigkeit.
Noch im letzten Blogeintrag habe ich davon geschwärmt, dass unsere Gemeinschaft so reibungslos und kompetent funktioniert, dass ich als Abt hier eigentlich kaum gebraucht werde – nur um dann festzustellen, dass ich bei meiner Rückkehr tatsächlich das Ruder nicht wie geplant wieder ganz ‹an mich reissen› konnte. Bei mir wurde, gleich nach meiner Rückkehr aus Kanada und den Vereinigten Staaten, Krebs diagnostiziert. Ein Nierentumor, der mir vor 16 Jahren operativ entfernt wurde, hat offensichtlich Schläferzellen zurückgelassen, die sich nach langer Zeit wieder aktiviert und mehrere Knochenmetastasen gebildet haben.
Diese Art von wiedergekehrtem Krebs gilt nicht als heilbar, ist aber behandelbar. Die Onkologen vom Tumorzentrum im Berner Inselspital und dem Spital in Interlaken versuchen, die Metastasen mit neuesten Therapien so lange wie möglich einzudämmen oder wenn möglich auch zurückzudrängen und mein Leben inklusive Lebensqualität so lange wie möglich zu verlängern.
Es muss sich zeigen, wie gut und wie lange die Therapien wirken, zumindest aber kann ich sagen, dass sie kaum Nebenwirkungen erzeugen und dass es mir zur Zeit recht gut geht. Trotzdem bin ich körperlich und energetisch etwas eingeschränkt, so dass mir meine Weggefährten hier im Kloster ermöglichen, mich mehr zurückzuziehen und nur so viel einzubringen, wie ich mir mit bestem Gewissen zutrauen mag. Das heisst vor allem auch, dass ihr bei Besuchen im Kloster weniger von mir sehen (und hören) werdet, und die anderen Ajahns es in der Regel übernehmen, Gruppen zu empfangen, Vorträge zu halten oder auch für Einzelgespräche zur Verfügung zu stehen.
Wie gesagt, geht es mir zur Zeit symptomatisch weiterhin ziemlich gut und ich versuche das Beste aus meiner etwas eingeschränkten Situation zu machen. Ich geniesse auf jeden Fall den grösseren Freiraum den ich dadurch habe, dass mir meine Kollegen erlauben, mich etwas zurückzunehmen. Auch kann ich sagen, dass mir die vielen Krankenhausbesuche zur Zeit nicht etwa zur Last fallen, sondern sogar die Freude bereiten, in den Krankenhäusern beim Personal auf allen Ebenen so viel Freundlichkeit und Kompetenz zu erfahren. Es ist gut, daran erinnert zu werden, dass das Schweizer Gesundheitssystem im weltweiten Vergleich mit Sicherheit weiter zu den allerbesten gehört, was es zu einem Privileg macht in der Schweiz und nicht anderswo in der Welt krank zu sein.
Auch wenn das Gleichgewicht meines Körpers ernsthaft angeknabbert ist, geht es mir weiterhin gut. Wir wissen ja, dass ein Körper, sobald er geboren ist, älter und irgendwann auch krank wird, und am Ende stirbt. Die Essenz der Praxis, nach meinem Verständnis, ist es, dabei zu jeder Zeit so bewusst wie möglich zu bleiben und sich auf die gegebene Wirklichkeit einzustellen. Die Zukunft wird zeigen, inwiefern wir uns hier im Dhammapala weiter meiner Situation anpassen müssen. Zur Zeit schauen wir nach eventuellen Möglichkeiten in Kandersteg eine behindertengerechte Parterrewohnung mieten zu können, sollte der Zeitpunkt kommen, an dem ich die Stockwerke im Kloster nicht mehr meistern kann.
Darüberhinaus sind wir schon seit längerem damit beschäftigt, die Möglichkeit zu erkunden, das Treppenhaus im Kloster modernisieren und einen Treppenlift einbauen zu lassen. Wir haben dazu jetzt auch Pläne einer Architektin mit Kostenvoranschlag. Die Kosten wären allerdings erheblich, und würden wohl etwas über 200’000 CHF liegen. Dazu kämen noch die Kosten für den behindertengerechten Umbau eines Zimmers im zweiten Stock. Ob diese Investition gerechtfertigt ist, muss der Vorstand des Dhammapala Vereines beantworten.
Unabhängig von meiner Gesundheit steht dabei natürlich im Raum, dass wir alle älter werden und es daher nur eine Frage der Zeit ist, bis einer von uns nicht mehr die Treppen hoch kommt. Und das gleiche gilt natürlich auch für alle Besucher.
Wir freuen uns auf eure Besuche im Sommer, und hoffen viele von euch wieder auf unserer traditionellen Kathina-Feier am 20. Oktober um 10.00 Uhr im Gemeindesaal hier in Kandersteg zu sehen.
Mit herzlichem Gruss,
Bhikkhu Abhinando